Von der Celluloidfabrik zum Industriehof

Historie 1 thumb©Stadtarchiv Speyer, 233-1 Nr. 25728

Historische Bedeutung

Die Celluloidfabrik Speyer wurde im Jahre 1897 von Kommerzienrat Franz Kirrmeier gegründet und später von Kirrmeier und Scherer weitergeführt. Hier wurde Rohzelluloid, der erste thermoplastische und bunt einfärbbare Kunststoff, in Form von Stäben, Platten und Rohren hergestellt. Sie belieferte damit Zelluloid-Verarbeiter wie die Mannheimer „Schildkröt“, die Kämme und Puppen daraus fertigte, die Filmindustrie und die Hersteller von Musikinstrumenten wie „Hohner“.

Die Speyerer Fabrik gehörte in den dreißiger Jahren neben der Dynamit AG in Troisdorf, der Westfälisch-Anhaltischen Sprengstoff-AG (Wasag), der Rheinischen Gummi- und Celluloidfabrik in Mannheim-Neckarau und der Deutschen Celluloidfabrik in Eilenburg zu den größten Herstellern von Zelluloid. In ihren besten Zeiten hatte sie ca. 1.000 Beschäftigte. Im Laufe der Jahrzehnte sind auf dem riesigen Gelände immer wieder neue Bauten hinzugekommen und einzelne Gebäude umgebaut worden. Viele Bauten weisen eine für Celluloid-Fabriken typische Sicherheitsvorkehrung am Dach auf: die Dächer sind noch einmal von Mauern umgeben, um im Falle einer Explosion möglichst wenig Schaden anzurichten. Auch die hohe Anzahl von Einzelgebäuden ist aus Brandschutzgründen entstanden. Seit den 1950er Jahren wird Zelluloid, aufgrund seiner leichten Brennbarkeit, zunehmend durch andere Kunststoffe wie PET ersetzt. Die Produktion in der Speyerer Celluloidfabrik endete im Jahr 1968.

Auf dem Weg in die Moderne

Seit dem Ende der Celluloidfabrik werden die Gebäude als Industriehof genutzt. Die bauliche Struktur ist so Jahrzehnte lang erhalten geblieben. Die insgesamt gut erhaltene Anlage ist eine der letzten ihrer Art. Sie verfügt noch über einen Fabrikschornstein, der allerdings auf etwa halber Höhe gekappt ist. Eine schmucke Direktorenvilla steht etwas abseits der Fabrik direkt an der Franz-Kirrmeier-Straße. Vor wenigen Jahren lag das Gelände noch am Nordrand von Speyer, jetzt bildet es als vielfältig genutztes Gewerbe- und Wohnquartier den Übergang zwischen den neu entstandenen Wohnflächen im Süden und dem nördlich angrenzenden Gewerbegebiet.

Historie 2 thumb©CeKaDe Luftbild o. J.

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Quelle: Auszüge aus dem Artikel von Barbara Ritter, Rhein-Neckar-Industriekultur e.V. (2018)
http://www.rhein-neckar-industriekultur.de

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